In unserem Interview sprechen wir diese Woche mit Moritz von Wysiecki, Marketingleiter bei va-Q-tec, über Glaubwürdigkeit und über die Gegenwart und Zukunft der Marken. Wir haben von ihm erfahren, was schwarze Bilder auf Instagram mit Authentizität zu tun haben und warum Bier im Jahr 2020 nicht mehr den Regenwald rettet…
Moritz von Wysiecki, danke, dass Sie heute hier sind! Wenn Sie an Ihre Kindheit zurückdenken – hatten Sie eine Lieblingsmarke? Und wie sieht es heute aus?
In meiner frühen Kindheit haben Marken keine große Rolle für mich gespielt. Die Marken mit denen es bei mir angefangen hat waren Playmobil und Lego – Playmobil würde ich da als allererstes sehen. Das war für mich aber eher der Inbegriff des Spielzeugs, das war noch nicht mit der Marke an sich verknüpft. Wenn es Playmobil gab, dann gab es was Tolles zum Spielen.
Heute finde ich vaude eine spannende Outdoor-Marke, die meiner Meinung nach einen sehr guten Stretch geschafft hat zwischen Authentizität in allen Bereichen – sei es Mitarbeiter, Markt, Produktion – und gleichzeitig eine erfolgreiche, begehrliche Marke und in gewisser Weise ein Vorbild für viele Marken zu sein.
Man kann verschiedene Zielgruppen als Botschafter für die eigene Marke gewinnen. Was funktioniert Ihrer Ansicht nach, um Kunden in Markenbotschafter zu verwandeln?
Meiner Ansicht nach geht es da in erster Linie um Authentizität – authentische
Kommunikation ist für mich sehr wichtig. Zielgruppengenaue Ansprache ist dabei von
besonderer Bedeutung – die Botschaften müssen an die „richtigen“ Personen geschickt
werden. Die beste Kommunikation nutzt allerdings nichts, wenn dahinter kein
überzeugendes Produkt bzw. keine überzeugende Dienstleistung steckt. Das muss also alles ineinander greifen – dann hat man gute Chancen, eine neue Marke aufzubauen oder eine bestehende Marke weiterzuentwickeln.
Werfen wir einmal einen Blick in die Kristallkugel – welche Entwicklungen und Herausforderungen sehen Sie in 5-10 Jahren im Bereich Branding?
Ich denke, dass insbesondere das Thema „Glaubwürdigkeit“ eine riesige Rolle spielen wird. Wir haben ja gerade schon über authentische Kommunikation gesprochen – aber auch bei der Auswahl der Kommunikationskanäle ist für mich Glaubwürdigkeit sehr, sehr wichtig. Wenn man sich heute die Situation anschaut – wieviele Marken haben in den vergangenen Wochen schwarze Bilder auf Instagram gepostet, wieviele haben auf den Pride Month in ihrem Logo verwiesen, wieviele Marken haben angekündigt, sich aufgrund der aktuellen Situation von Social Media Plattformen mit Anzeigen-Budgets zurückgezogen zu haben etc. Ich glaube allerdings, all das muss zur Marke passen und Verbraucher und Kunden müssen das der Marke auch abnehmen. Ich glaube, durch die heutigen Kanäle herrscht eine gewisse Transparenz darüber, ob die Aktivitäten einer Marke tatsächlich authentisch sind und da kommt man einer Marke relativ schnell auf die Schliche. Das Beispiel „Krombacher – Saufen für den Regenwald“ wäre so heute nicht mehr möglich. Ich glaube auch, dass man als Marke nicht auf solche kurzfristigen Trends und auch nicht auf politischen Themen aufspringen sollte, sondern sich immer überlegen sollte: Passt das zu mir und bin ich damit glaubwürdig?
Bleiben wir doch gleich im Bereich Social Media und Online-Plattformen: Welche Rolle spielt die Digitalisierung im Bereich Marke derzeit? Wie sehen Sie diese Entwicklung in der Zukunft?
Digitalisierung spielt definitiv eine wichtige Rolle – diese ist natürlich auch immer abhängig von der Marke und ihrer Zielgruppe. Daraufhin muss natürlich auch die Art des
Kommunikationskanals ausgewählt werden. Man kommt als Marke definitiv nicht ohne
digitale Kanäle aus, aber muss dann natürlich gewichten wieviel digital sein soll und wieviel im Live-Bereich oder im analogen Bereich angesiedelt sein soll. Die Bereiche sind allerdings auch immens verzahnt – der Omnichannel-Ansatz bzw. 360-Grad-Ansatz wird noch weiter an Bedeutung gewinnen. Bei den Möglichkeiten die digitale Kanäle bieten gibt es natürlich auch ein gewisses Auf und Ab. Google hat Marken viele Werkzeuge an die Hand gegeben, die jetzt aufgrund des Datenschutzes wieder etwas eingeschränkt werden – da wird es immer ein Auf und Ab geben, wie effizient man messen kann wie gut eine Marke diese Kanäle nutzen kann. Doch die Digitalisierung hat Einzug gehalten und keine Marke kann sich dem entziehen.
Wie würden Sie mit nur einem Argument jemanden von der Wichtigkeit der Marke überzeugen?
Eine Marke bleibt dauerhaft – Promotions oder Trendprodukte sind kurzweiliger. Wenn man eine Marke richtig pflegt, dann kann vieles passieren, vieles auf eine Firma einprasseln aber die Marke bleibt dauerhaft bestehen und wirkt wie ein Anker, auch beim Kunden.
Für wie entscheidend halten Sie das Thema „Purpose“ in Hinblick auf Markenführung?
Für Produktmarken ist das Thema „Purpose“ eher unterschwellig wichtig. Das hängt
natürlich ein bisschen von der Generation und der Perspektive ab. Ich sehe die Wichtigkeit von Purpose vor allem für Unternehmen, wenn es um eine Unternehmens-Vision geht. Dass für ein Unternehmen authentisch das Sinnstiftende eine Rolle spielt und dass man das mit einarbeitet. Warum soll ich für ein Unternehmen arbeiten, meine Zeit einbringen, mich aufopfern und Gas geben? Bei der Marke sehe ich es wieder eher im Zusammenhang mit dem Thema Authentizität. Wenn ich mich als „grün“ positioniere, dann sollte das in alle Bereiche ausstrahlen. Purpose auf Markenebene sehe ich eher auf Ebene der Unternehmensmarken – bei Konsumentenmarken oder im B2B-Bereich sollte das Thema authentisch eingebracht werden aber ist nicht unbedingt kaufentscheidend.